Sommerzeit 2016 - Erzbistum Köln - page 37

„Wir verordnen, setzen und wollen mit dem Rat unserer Landschaft, dass
forthin überall im Fürstentum Bayern sowohl auf dem Lande wie auch
in unseren Städten und Märkten, die keine besondere Ordnung dafür
haben, von Michaeli bis Georgi ein Maß (bayerische = 1,069 Liter) oder
ein Kopf (halbkugelförmiges Geschirr für Flüssigkeiten = nicht ganz eine
Maß) Bier für nicht mehr als einen Pfennig Münchener Währung und von
Georgi bis Michaeli die Maß für nicht mehr als zwei Pfennig derselben
Währung, der Kopf für nicht mehr als drei Heller (Heller = gewöhnlich
ein halber Pfennig) bei Androhung unten angeführter Strafe gegeben
und ausgeschenkt werden soll. Wo aber einer nicht Märzen-, sondern
anderes Bier brauen oder sonstwie haben würde, soll er es keineswegs
höher als um einen Pfennig die Maß ausschenken und verkaufen. Ganz
besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten,
Das Reinheitsgebot
wieder Bier zu brauen, hatte vor 13 Jahren Pater Martin, der derzeitige
Prior der Abtei. „Eines Tages fanden wir einen Teil der alten Bier-Rezep-
turen in unserer Bibliothek“, erzählt Pater Dominikus, „und wir waren
uns sehr schnell einig, die hier vor vielen Jahren praktizierte Braukunst
unserer Vorgänger wieder aufleben zu lassen.“ Nachdem die dafür not-
wendigen Gerätschaften wie Malzmühle und Sudkessel angeschafft
waren, beauftragten die Mönche 2003 einen Braumeister, auf Grund-
lage der alten Rezepturen ein neues Bier zu brauen. Das ging erst
gründlich daneben, erinnert sich der Zisterzienser. „Das erste Bier, das
wir dann gebraut haben, konnte man nicht trinken. Das war ein totaler
Reinfall. Dann haben wir gemeinsam mit einem Braumeister die Rezep-
tur nochmal verfeinert und beim dritten Versuch hat es dann ge-
schmeckt. Das Bier, das damals entstand, ist bis heute unser Stammbier.“
Immer neue Biersorten
Das „Marienstatter Klosterbräu“ ist ein naturtrübes, dunkles, untergä-
riges Landbier. Besonders charakteristisch: sein malziger Geschmack.
Ein Naturprodukt mit einer Stammwürze von 12,7 bis 13 Prozent und
einem Alkoholgehalt um die 5,5 Prozent, denn die Klosterbrauerei der
Abtei verzichtet auf jede Form von künstlicher Klärung, Stabilisierung
und Kurzzeiterhitzung. Da die Nachfrage nach dem Stammbier wesentlich
größer ist als die Produktionskapazität der eigenen Brauerei mit dem
kupfernen 1000 Liter fassenden Sudkessel, wird das „Marienstatter Klo-
sterbräu“ in einer befreundeten Brauerei hergestellt. Jedes andere Bier,
das Josefs-Bier, das immer am Namenstag des heiligen Josef auf der Spei-
sekarte steht, das Mai-Bier, das Schwarzbier oder wie jetzt das zum 500.
Geburtstag des Reinheitsgebots angebotene „Jubiläumsbier“ entsteht in
der rund 50 Quadratmeter großen Brauerei unterhalb der Schenke. Seit
zwölf Jahren denkt sich Gerd Siebel neue Biersorten aus. Gelernt hat der
55-jährige Olpener in der Krombacher Brauerei. Einmal im Monat kommt
der selbstständige Braumeister zum Brauen nach Marienstatt.
Das Maß macht´s
„Das Brauen ist ein wunderschönes Handwerk, weil man mit Naturpro-
dukten arbeitet und weil man wohlschmeckende Ergebnisse produzie-
ren darf“, sagt Siebel und bekommt in dieser Einschätzung sofort
Unterstützung von Pater Dominikus. Hin und wieder hilft der Zisterzien-
ser seinem Braumeister und füllt den Sudkessel mit dem vorher in der
Malzmühle geschroteten Gerstenmalz. Für das Jubiläumsbier hat sich
Siebel eine besondere Malz-Mischung ausgedacht: Münchner Malz,
Pilsener Malz, Wiener Malz und Karamalz-Dunkel landen im Sudkessel.
Dort wird alles mit Wasser vermischt. Das sogenannte „Maischen“
geschieht je nach Biersorte mit unterschiedlichen Temperaturen. Heraus
kommt schließlich ein naturtrübes goldgelbes Bier, das in Aussehen und
Geschmack den Namen „Jubiläumsbier“ wahrlich verdient hat. Kri-
tische Fragen nach der „Einstiegsdroge Bier“ beantwortet Pater Domi-
nikus relativ gelassen. „Es kommt eben auch beim Biertrinken auf das
Fleißiger Helfer des Braumeisters: Pater Dominikus
kennt sich mit den verschiedenen Gerstenmalzsorten,
die den besonderen Geschmack des
Marienstatter Bieres ausmachen, gut aus.
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Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein
Gersten, Hopfen undWasser verwendet und gebraucht werden sollen.
Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält,
dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier, so
oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden.Wo jedoch
ein Gauwirt von einem Bierbräu in unseren Städten, Märkten oder
auf dem Lande einen, zwei oder drei Eimer (= enthält 60 Maß) Bier
kauft und wieder ausschenkt an das gemeine Bauernvolk, soll ihm
allein und sonst niemandem erlaubt und unverboten sein, die Maß
oder den Kopf Bier um einen Heller teurer als oben vorgeschrieben
ist, zu geben und auszuschenken.“ (
Gegeben von Wilhelm IV. Herzog in
Bayern am Georgitag zu Ingolstadt anno 1516)
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