Mensch - Magazin des Erzbistums Köln - page 8

04 – 2015
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Erzbistum
Köln –
Ertragen
Impressum
Sonderveröffentlichung des Erzbistums Köln
Stabsabteilung Kommunikation I Marzellenstraße 32 I 50668 Köln
Chefredakteur (V.i.s.d.p.):
Robert Boecker I
Konzept und Redaktion:
Hildegard Mathies I
Art Direction & Gestaltung:
BUREAU
DENISEGRAETZ,
Layout: Alexandra Berger
Cover-Illustration:
Elisabeth Much / Soothing Shade I
Fotos:
Natalie Bothur (5); Robert Boecker (Editorial; S. 4); Julia-art / Shutterstock (S. 2-3); Stadt Köln (S. 3); Brill / Ullstein Bild (S. 3);
KNA-Bild / Osservatore Romano (S. 5); Tina Niedecken (S. 6); Ford AG (S. 7); Plakate: Tanja Roa
Koordination Erzbistum:
Tanja Roa, Pia Modanese
Verlag und Druck:
M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co. KG; Neven DuMont Haus I Amsterdamer Straße 192 I 50735 Köln
Wie man anWeihnachten mit Stress
in der Familie umgeht.
Zu den sieben geistigen Werken der Barmherzigkeit gehört
„Lästige geduldig ertragen“. Das kann gerade zuWeihnachten
besonders schwer sein, wenn es in der Familie, Ehe oder
Beziehung kriselt. Unmöglich ist es aber nicht.
Weihnachten gilt als DAS Fest der Liebe und des Friedens.
Viele Menschen wünschen sich glänzende Feiertage in per-
fekter Harmonie, wie es dieWerbung und Hollywoods Weih-
nachtsmärchen vormachen. Doch im realen Leben ist diese
Sehnsucht oft ein anscheinend unerreichbares Ideal.
Die Gründe sind vielfältig: Da ist der ganze
Stress, der entsteht, wenn alles perfekt sein soll und man
sich selbst schon seit Wochen unter Druck gesetzt hat: für
das perfekte Menü, die perfekte Deko, die perfekten Ge-
schenke, die perfekte traute Familie. Da sind die viel zu
hohen, von realen Menschen kaum zu erfüllenden Erwar-
tungen. Für ein paar Tage soll alles optimal sein und alle
sollen sich wundervoll verstehen. Da sind die verschie-
denen Wünsche, Sehnsüchte und Ansprüche von Eltern,
Schwiegereltern, Großeltern, Partnern, Kindern und Enkeln
oder Freunden. Und da sind vor allem schwelende, versteckte
oder offene Konflikte.
Offen und ehrlich miteinander sprechen!
Dr. Hannspeter Schmidt, der Diözesanbeauftragte für Ehe-,
Familien- und Lebensberatung im Erzbistum Köln, spricht von
„aufgeschobener Versöhnung“, wenn im Laufe des Jahres
entstandene oder schon länger bestehende Konflikte nicht
gelöst worden sind. „Wir empfehlen in der Regel immer, im
Vorfeld das Gespräch zu suchen und zu fragen: Wie sollen
wir Weihnachten, das Fest der Liebe und des Friedens in
Freude feiern können, wenn so viele Spannungen in der Luft
liegen?“ Gemeinsam soll nach einer Lösung des Konfliktes
gesucht werden.
Wichtig sei, offen und ehrlich miteinander zu
sprechen. Dabei kommt es darauf an, den anderen – der viel-
leicht gar nicht weiß, was oder wie mich etwas belastet – nicht
anzuklagen, sondern deutlich zu machen, was einen selbst
stört oder schmerzt. Wie ist etwas bei mir angekommen,
wie empfinde ich, warum fällt es mir schwer, mit dem anderen
Lästige Last
jetzt „einfach so“ auf friedliche Weihnachten zu machen?
Konfliktberater raten dazu, „Ich“-Botschaften zu senden,
damit der andere versteht, was in einem vorgeht und wie
man sich fühlt. Er soll sich nicht angegriffen oder angeklagt
fühlen und automatisch in die Defensive gehen oder mit
Gegen-Klagen kontern, die den Konflikt nur verschärfen oder
eskalieren lassen.
Imzweiten Schritt ist eswichtig,dassman dem
anderen spiegelt, was man nun verstanden hat: „Ich habe
verstanden, dass dich…“ dies oder jenes stört, verletzt hat,
belastet. Wenn man sich unsicher ist, kann man nachfragen:
„Ist das richtig?“ Wichtig ist, die Verletzung des anderen
ernst zu nehmen, seinen Schmerz anzuerkennen. Dann kann
man erklären, was man selbst eigentlich beabsichtigt hatte,
wie man selbst die Situation erlebt und empfunden hat, was
einen selbst bewegt. Wichtig ist, dass man sich – wenn dies
schon möglich ist – gegenseitig vergibt. Wenn das noch zu
früh ist, sollte man dies dem anderen offen sagen: „Ich kann
dir jetzt im Augenblick zwar noch nicht verzeihen, aber ich
sehe, dass du es aufrichtig meinst“ oder ähnliches. Und:
„Ich will versuchen, damit zurechtzukommen und dir eines
Tages zu vergeben.“ In der Zwischenzeit wolleman freundlich
und sachlich miteinander umgehen. Wenn schon eine Ver-
söhnung erfolgen kann, sollte man gemeinsam nach einer
Lösung des Konfliktes suchen, welche die Interessen und
Erfahrungen beider berücksichtigt.
Spannung herausnehmen
Was aber nun, wenn das Fest schon da und der Konflikt noch
unausgesprochen und ungelöst ist? Auch dann sollte man
versuchen, die Eskalation zu vermeiden und die Situation zu
entschärfen. Schmidt rät dazu, dem anderen beispielsweise
zu sagen: „Ich möchte das wirklich sehr gerne mit dir klären.
Aber heute wollen wir doch alle versuchen, miteinander
Weihnachten zu feiern. Lass uns uns nach Weihnachten in
Ruhe zusammensetzen.“ Helfen kann auch, wenn man sich
für einige Zeit in ein anderes Zimmer oder für einen Spazier-
gang zurückzieht, um die größte Spannung aus dem Konflikt
herauszunehmen. Wichtig ist, auch hier zu erklären, warum
man es tut – zur Abkühlung, für denWeihnachtsfrieden, für
die Stimmung aller – und dass man später, nach den Feier-
tagen, ein klärendes Gespräch führen möchte. Vielleicht kann
man schon einen Termin dafür vereinbaren.
Es sind nicht immer die großen zwischen-
menschlichen Dramen, die zu Streit oder Disharmonie an
Weihnachten führen. Manchmal kommen die Älteren auch
nicht damit zurecht, wie die Jüngeren gerne feiern wollen,
dass sie es anders machen als sie selbst. Oder die Jungen
kommen nicht damit zurecht, dass die Alten gerne in Erin-
nerungen schwelgen oder ein anderes Tempo haben als sie
selbst. Mancher fühlt sich unverstanden, wenn er ein doch
gut gemeintes, aber für ihn völlig abwegiges Geschenk aus-
packt. Und mancher möchte am liebsten gar nicht mit der
Familie feiern, sondern lieber eine Party mit Freunden, fühlt
sich aber verpflichtet.
Auch hierüber spricht man idealerweise im
Vorfeld, so Schmidt. Vielleicht kann man sich dann auch Rat
beim Profi holen oder bei Freunden: „Was machst du, wenn
deine Mutter wieder…?“ Wichtig ist, dass man um die Wün-
sche und Erwartungen, die Vorstellungen und Sehnsüchte
der anderen weiß. Und dass man möglichst versucht, jedem
ein Stück entgegenzukommen. Nicht so, dass man sich im
Druck, allen gerecht werden zu wollen, selbst vergisst und
zerreißt. Sondern so, dass das Fest für alle Freude macht: Die
Oma darf nach dem Kaffee vom Weihnachten ihrer Kind-
heit erzählen, der Opa abends, wenn die Kinder im Bett sind,
von den bitteren Erfahrungen im Krieg. Mutter oder Vater
dürfen kochen, wozu sie Lust haben. Und die fast erwachsene
Tochter darf nach der Bescherung und demAbendessen noch
mit Freunden feiern.
Text:
Hildegard Mathies
Plakate:
Tanja Roa
Flipbook:
gibt es um Download auch als
Flipbook über die Layar-App und den Link
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N°4/2015
MAGAZINDES ERZBISTUMSKÖLN
m nsch
BEHERBERGEN
KölnernimmtFlüchtlingeauf
Seiten2-3
I
INTERVIEW
Kardinal
WoelkiüberBarmherzigkeit
Seite4
I
ERTRAGEN
KonflikteanWeihnachten
Seite8
Plakatkampagne:
Mit einer provokanten Plakatkampagne hat das Erzbistum
Köln das Thema Kommunikationsprobleme in der Partner­
schaft auf den Punkt gebracht und für das Angebot der
Ehe-, Familie- und Lebensberatung geworben. Im Jahr 2011
hat Kommunikationsdesignerin Tanja Roa für die Kampag­
ne einen „Red Dot“-Award gewonnen. „Wenn Paare sich so
unterhalten wie auf denWerbeplakaten, dann ist es Zeit für
eine Beratung“, so der Leiter der Ehe-, Lebens- und Familien-
beratung im Erzbistum, Dr. Hannspeter Schmidt.
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