Wenn ein Mensch gestorben ist, bleiben seine Familienan-
gehörigen und Freunde mit ihrer Trauer zurück – aber sie
müssen nicht allein bleiben mit ihr. Die Trauerpastoral im
Erzbistum Köln hilft, mit dem Verlust leben zu lernen.
Das Schlimmste für einen Trauernden ist die soziale Isolation,
in die er geraten kann.VieleMenschen fühlen sich ängstlich, un-
sicher oder überfordert,wenn sie hören,dass ein Bekannter oder
Freund einen geliebten Menschen verloren hat – und ziehen
sich zurück.„In den Städten sind viele der altenTrauernetzwerke
weggebrochen, das gilt auch für die Kirchengemeinden. Viele
Menschen fühlen sich heute in ihrer Trauer alleingelassen“, sagt
die Diplom-Theologin Eva-Maria Will. Sie ist seit Jahresbeginn
beim Erzbistum Köln für den neu geschaffenen Bereich Trauer-
arbeit und Bestattungskultur verantwortlich.
In Trauercafés können sich trauernde Men-
schen mit anderen über ihren Verlust, ihren Schmerz und
ihre Ängste austauschen. Haupt- und ehrenamtliche Trau-
erbegleiter können außerdem dabei helfen, den Verlust zu
bearbeiten und so zu lindern. Im Internet gibt es in Trauer-
Chats die Möglichkeiten, sich an professionelle Trauerbeglei-
ter zu wenden.
„Das Wichtigste ist, Vertrauen zu schaffen“,
nennt Will die Grundvoraussetzung für die Begleitung eines
Trauernden. In der Regel durchläuft dieser mehrere Phasen, die
unterschiedlich lang und in unterschiedlicher Reihenfolge sein
können: Leugnen; ein Prozess des Suchens, Findens, Loslassens;
Akzeptanz und Neuanfang. Es gibt übrigens keinen Zeitrah-
men, in dem ein Mensch mit seiner Trauer „durch“ sein muss.
Diese Erwartungen dürfen weder von einem selbst noch von
anderen kommen und Druck ausüben.
Wenn einMensch einenVerlust erleidet, kann ihn
das ihn in tiefe Verzweiflung stürzen. „In der Begleitung gehört
es dazu, dass die Trauernden ihre unterschiedlichen Gefühle
wie Schmerz, Ohnmacht oder Erleichterung wahrnehmen und
zulassen“, erklärt Will. „Wenn dann auch Fragen nach dem Sinn
auftreten, ist es wichtig zu ergründen, aus welcher Haltung
heraus die Trauerbegleiter Hoffnung und eine grundsätzliche
Lebenszusage machen können. Der Glaube an das Unzerstör-
bare, an das grundlegend Heile, an Gott, kann es ermöglichen,
einemTrauernden mitfühlend zu begegnen und ihmTrost auch
im tiefsten Schmerz zusprechen zu können.“ Vielleicht könne
der Trauernde dabei an Erfahrungen anknüpfen, die er bislang
in seinem Leben mit demGlauben an Gott als tragenden Grund
ABSCHIED UND TROST
Mit klaren Positionen und einem umfangreichen Aktions-
paket bezieht der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum
Köln Stellung beim Thema Sterben, Sterbebegleitung und
Sterbehilfe. Mit einer Foto-Aktion und vielen Ideen lädt die
Interessenvertretung der Kölner Katholikinnen und Katholiken
zur eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema und zum
Mitmachen ein.
An der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatte
zum Sterben und der Frage nach einer rechtlich gesicherten
ärztlichen Beihilfe beim Suizid beteiligt sich der Diözesanrat
mit
vier Grundpositionen:
1.
»Todkranke, Sterbende und ihre Angehörigen
sollen mehr begleitet werden.«
2.
»Wir lehnen organisierte oder kommerzielle
Beihilfe zum Suizid ab.«
3.
»Wir lehnen den ärztlich assistierten Suizid ab.«
4.
»Wir fordern den Ausbau von hospizlicher
und palliativer Versorgung.«
Dazu hat der Diözesanrat eine
eigene Internetseite
erstellt,
auf der Gemeinden, Verbände und Privatpersonen zahlreiche
Informationen, Materialien und Anregungen finden, wie sie
das Thema aktiv begleiten können. So kann man Postkarten
an Politiker verschicken, Aktions-Bierdeckel, Faltblätter und
Plakate verteilen, das Thema in Gottesdiensten und anderen
Veranstaltungen zum Schwerpunkt machen oder Gesprächs-
runden und Vorträge organisieren.
Im Rahmen einer
Foto-Aktion
können die
Teilnehmer den Satz „Für mich ist Sterbebegleitung…“ er-
gänzen und sich mit jemand anderem in der Situation von
Begleitung fotografieren lassen. Die Botschaften der Teil-
nehmer werden dann auf der Internetseite des Diözesan-
rates veröffentlicht.
Darüber hinaus lädt der Diözesanrat zur
Unterzeichnung der Charta
zur Betreuung schwerstkranker
und sterbender Menschen in Deutschland ein. In der Charta
geht es um die Bedürfnisse der Betroffenen, Anforderungen
an die Versorgungsstrukturen, Fragen der Forschung, Anfor-
derungen an Aus- undWeiterbildung sowie die gesellschaft-
lichen Herausforderungen mit Blick auf Recht, Ethik und
öffentliche Kommunikation.
Der Vorsitzende und Stellvertretende Vor-
sitzende des Diözesanrates, Tim-O. Kurzbach und Cornel
Hüsch, betonen: „Wir verkennen nicht, dass es große Not
und tragisches Leid gibt, das um so größer empfunden wird,
wenn Menschen sich allein gelassen fühlen.“ Die Gesetz-
gebung allein könne nicht ausreichend helfen. „Nicht alles,
was straffrei ist, ist schon wünschenswert.Wir wollen mehr
Aufklärung, was Lebenserhaltung und die Einstellung von
Therapiemaßnahmen angeht.“ Auch müsse die ambulante
und stationäre Hospiz- und Palliativversorgung unterstützt
werden. Das Leitwort des Diözesanrates: „Sterbebegleitung
ist Lebenshilfe.“
Gemeinsam mit dem Diözesan-Caritasverband
für das Erzbistum Köln hat der Diözesanrat die
36-seitige
Broschüre
„Sterbenszeit ist Lebenszeit“ herausgegeben.
Sie enthält neben vielen grundsätzlichen Informationen
zu den Themen Sterben, Hospiz und Palliativmedizin auch
Kapitel mit praktischen Informationen zur Christlichen
Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Gesetzliche Be-
treuung und Organspende.Außerdem kann man sich über
die Möglichkeiten ehrenamtlicher Mitarbeit informieren.
Eine Liste mit Adressen und Ansprechpartnern rundet das
Angebot ab.
STERBEN LEBEN
Info:
Ein offener Trauertreff findet regelmäßig im Domforum statt:
Ein Trauercafé gibt es etwa auch in Köln-Porz:
Trauerchats finden sich unter:
und
Informationen und Materialien zum Download unter:
gemacht hat. Ob in der individuellen Begleitung oder wenn sich
Trauernde inTrauercafés,Trauerchats oder bei Seminaren treffen:
„Die Menschen sollen so da sein können, wie sie sind“, sagtWill.
Das Erzbistum Köln hat zum Thema Trauer eine
neue Internetseite mit vielen Informationen und Angeboten
zur Unterstützung eingerichtet. Zudem gibt es eine 28-seitige
Broschüre,„Bestattungskultur und Trauerpastoral“.
SO STERBEN DIE DEUTSCHEN
* Angaben über den Sterbeort werden nur zum Teil erfasst und durch Hochrechnungen ergänzt.
Quellen: Statistisches Bundesamt; AOK Bundesverband;
MENSCHEN, DIE
IM PFLEGEHEIM STERBEN
DEUTSCHLAND: 340.000
MENSCHEN,
DIE ZU HAUSE STERBEN
DEUTSCHLAND: 85.000-170.000*
03 – 2015
5
Erzbistum
Köln –
Blickpunkt
MENSCHEN,
DIE IM HOSPIZ STERBEN
DEUTSCHLAND: 30.000
MENSCHEN, DIE
IM KRANKENHAUS STERBEN
DEUTSCHLAND: 404.466
ANZAHL DER HOSPIZE
DEUTSCHLAND: 224