Sommerzeit 2016 - Erzbistum Köln - page 9

Óscar Andrés Kardinal Rodríguez Maradiaga
(73)
aus Honduras ist Erzbischof von Tegucigalpa
(Honduras) und seit 2013 im achtköpfigen
Kardinalsrat, der den Papst berät.
wissenschaftliche Fragen zu entscheiden und dass er die akademische
Freiheit jener achte, die über Themen wie genetisch verändertes Saat-
gut oder Techniken der Ölförderung diskutieren. Nichtsdestotrotz
zeigt er sich in hohem Maße herausgefordert und kritisch gegenüber
den sozialen und menschlichen Fragestellungen rund um diese The-
men: die fehlende Vielfalt im Produktionssektor, die Umweltver-
schmutzung, die zu große Nachfrage bei zu wenig Anbietern, die
Rechte der lokalen Bewohner und vieles mehr. Und er klagt an, dass
es in Bezug auf diese Themen zu einer fortdauernden Stückelung der
Information kommt: „Mitunter wird nicht die gesamte Information
auf den Tisch gelegt, sondern den eigenen Interessen entsprechend
– seien sie politischer, wirtschaftlicher oder ideologischer Natur –
herausgefiltert.“ (Nr. 135)
Am weitsichtigsten zeigt er sich in Bezug auf den Klimawandel, wobei
er scharfe Kritik an der internationalen Politik übt: „Auffallend ist die
Schwäche der internationalen politischen Reaktion. […] Es gibt allzu
viele Sonderinteressen, und leicht gelingt es dem wirtschaftlichen Inte-
resse, die Oberhand über das Gemeinwohl zu gewinnen […].“ (Nr. 54).
„Diejenigen, welche unter den Folgen leiden werden, die wir zu über-
spielen suchen, werden an diesen Mangel an Gewissen und an Verant-
wortlichkeit erinnern.“ (Nr. 169). „Viele von denen, die mehr
Ressourcen und ökonomische oder politische Macht besitzen, scheinen
sich vor allem darauf zu konzentrieren, die Probleme zu verschleiern
oder ihre Symptome zu verbergen […].“ (Nr. 26)
Auszüge aus der Umwelt-Enzyklika des Papstes
1. Der Klimawandel ist ein globales Problem mit schwerwiegenden
Umwelt-Aspekten und ernsten sozialen, wirtschaftlichen, distributiven
und politischen Dimensionen; er stellt eine der wichtigsten aktuellen
Herausforderungen an die Menschheit dar. (Nr. 25)
2. Einfach nur eine technische Lösung für jedes auftretende Umwelt-
problem zu suchen, bedeutet, Dinge zu isolieren, die in der Wirklichkeit
miteinander verknüpft sind, und die wahren und tiefsten Probleme
des weltweiten Systems zu verbergen. (Nr. 111)
3. Entscheidend ist es, ganzheitliche Lösungen zu suchen, welche die
Wechselwirkungen der Natursysteme untereinander und mit den
Sozialsystemen berücksichtigen. Es gibt nicht zwei Krisen neben-
einander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine
einzige und komplexe sozio-ökologische Krise. (Nr. 139)
Papst Franziskus zeigt, wie das Licht des Glaubens das Engagement für
die Umwelt stärkt. Es reicht, uns die Worte Jesu in Erinnerung zu rufen:
„Verkauft man nicht fünf Sperlinge um zwei Pfennige? Dennoch ist vor
Gott deren nicht eines vergessen.” (Lk 12, 6). Es sind jedoch einige
sachliche Überzeugungen hervorzuheben, die sich durch die Gesamt-
heit seiner Überlegungen ziehen. Zum Beispiel die Gewissheit, dass
„alles […] miteinander verbunden“ und dass daher kein Phänomen
isoliert zu verstehen ist. […] Aus diesen Gründen handelt es sich um
keine reine Umwelt-Enzyklika.
Vielmehr stiftet die Enzyklika einen anregenden Impuls für eine ernst-
hafte Diskussion über die Welt und die Weise, in der wir leben möch-
ten. Es lohnt sich, die folgenden Worte in uns nachhallen zu lassen,
die uns zum Nachdenken anregen sollen: „Wozu gehen wir durch
diese Welt, wozu sind wir in dieses Leben gekommen, wozu arbeiten
wir und mühen uns ab, wozu braucht uns diese Erde?“ Darum reicht
es nicht mehr zu sagen, dass wir uns um die zukünftigen Generati-
onen sorgen müssen. Wir müssen uns bewusst werden, dass unsere
eigene Würde auf dem Spiel steht. Wir sind die Ersten, die daran
interessiert sind, der Menschheit, die nach uns kommen wird, einen
bewohnbaren Planeten zu hinterlassen. Das ist ein Drama für uns
selbst, denn dies beleuchtet kritisch den Sinn unseres eigenen
Lebensweges auf dieser Erde.“ (Nr. 160)
Den vollständigen Text der Enzyklika finden Sie unter:
w2.vatican.va/content/vatican/de.html
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