Mensch - Magazin des Erzbistums Köln - page 7

TERMINE
Eine Auswahl aktueller Veranstaltungen rund um das Thema
Sterben und Sterbebegleitung:
AM DONNERSTAG, 1. OKTOBER 2015
lädt die Heilig-Geist-Gemeinde in Köln-Zollstock zum Film­
abend mit Diskussion ein. Auf dem Programm steht „Das
Meer in mir“ über den querschnittsgelähmten Spanier Ramon
Sampedro (Javier Bardem), der um Sterbehilfe kämpft.
Beginn ist um 19.30 Uhr im Pfarrheim (Zollstockgürtel 33).
AM SAMSTAG, 24. OKTOBER 2015
findet im Domforum, Köln, ein Hospiz- und Palliativtag statt.
Von 10 bis 15.30 Uhr geht es dabei um den „Abschied vom Leben
in verschiedenen Kulturen“. Veranstalter sind die „Hospiz +
Palliativ Arbeitsgemeinschaft Köln“, das Palliativ- und Hospiz-
netzwerk Köln und das Katholische Bildungswerk Köln. Bei einer
Podiumsdiskussion um 10.45 Uhr sind mit dabei: die Muslima
Hülya Ceylan, Mitglied der Christlich-Islamischen Gesellschaft,
Radu Constantin Miron, Erzpriester der griechisch-orthodoxen
Kirche, Brian Müschenborn, Diplom-Theo­loge und Bestatter,
sowie Dr. Cora B. Hermann, Mitglied der Synagogengemeinde
Köln.
Info:
AM 13. UND 14. NOVEMBER 2015
lädt die Karl-Rahner-Akademie zur Schreibwerkstatt „Abschied
und Neubeginn“ ein. Die Teilnehmer befassen sich mit Ver-
gänglichkeit, Verlust, Abschied und Umbrüchen im Leben.
Mit Dr. Herrad Schenk, Sozialwissenschaftlerin und Autorin.
Info:
Mit demThema „Sterben inWürde“
befassen sich zwei gleichnamige
Publikationen der Deutschen Bischofs-
konferenz: eine 36-seitige Broschüre,
die anlässlich der diesjährigen „Woche
für das Leben“ erschienen ist, sowie ein
achtseitiger Flyer. In der Broschüre geht
es um Grundsatzbeiträge zumThema
– etwa des Theologen und Hospizex-
perten Professor Dr. Gerhard Höver aus
Bonn –, ummögliche Handlungsfelder
sowie Anregungen für die Praxis. In dem
Flyer geht es um die Frage, was inWürde zu sterben bedeutet.
Im Folgenden werden Begriffe erklärt, die in der Debatte um
das Thema eine Rolle spielen: aktive Sterbehilfe und assistierter
Suizid, passive Sterbehilfe und Palliativmedizin. Übersichten mit
weiterführenden Links runden die Angebote ab.
Beides kann im Internet kostenfrei heruntergeladen werden:
und
STERBEN
IN WÜRDE
Rund um das Thema Sterben und
Tod können sich Interessierte auch
in Veranstaltungen des Katholischen
Bildungswerks Köln sowie der anderen
Einrichtungen der Erwachsenen- und
Familienbildung informieren. Das Erzbis-
tum Köln hat eine 60-seitige Broschüre
zusammengestellt, die nicht nur über
das Angebot und Termine informiert,
sondern darüber hinaus viel Hinter-
grundmaterial zumThema, Service-Ad-
ressen sowie ein Interviewmit Kardinal
Rainer MariaWoelki enthält. Außerdem gibt es Informationen zu
Aus- und Fortbildungsangeboten, etwa für Ehrenamtliche in der
Hospizarbeit sowie der Begleitung Demenzkranker.
Die Broschüre kann heruntergeladen werden unter
DEM STERBEN
LEBEN GEBEN
HALT GEBEN
InWürde leben – inWürde sterben.
Ein Beitrag von Pastoralreferentin Barbara
Reible, Krankenhausseelsorgerin in Holweide.
Sterben ist jedem sicher.
Das Lebensende aber ist ein umstrit-
tenes Thema, wenn es um die Gestaltung und die Beteiligten
geht: Das Ringen um die letzten Stunden und wer was tun soll
oder darf, ist wieder aktuell durch die Debatten um Suizid und
Palliativnetzausbau. Doch mit medizinischer Versorgung allein
wird nicht ausreichend geholfen.
Gefragt sind persönliche Kontakte – oft sind es
Familienmitglieder, Freunde oder andere Nahestehende, die
einen wichtigen Beitrag leisten in der Begleitung: mensch-
liche Zuwendung. Auch seelsorglicher Beistand ist vielen
Menschen wichtig, wenn sie an ihre Grenzen stoßen. Die
Kirchen wollen alle Wege der Sterbebegleitung fördern und
unterstützen, die Menschen helfen, sich in Krankheit und
Hilfsbedürftigkeit als angenommen und wertvoll zu erfahren.
Dies sollte besonders auf dem letzten Stück des Lebens gelten.
Wie sieht es damit real aus?
EINEN NEUEN HORIZONT ERÖFFNEN
Der Ort zum Sterben ist heute primär das Krankenhaus. Einige
Kliniken verfügen über eine Palliativstation, die neben einer an-
deren personellen Besetzung auch von der Zimmerausstattung
wohnlicher gestaltet ist. Meistens finden sich Schwerkranke
dort durch ein professionellesTeamgut begleitet – Ärzte,Pflege-
kräfte, Psychologen, Sozialdienst-Mitarbeiter,Therapeuten, aber
auch Seelsorger. Für alles Handeln gibt es zwei unbedingt zu
beachtende Grenzen: den Willen des Betroffenen und das (auf-
zubauende) Vertrauen zwischen den Menschen. Dabei ist der
Wille immer wieder neu zu erkunden oder zu erahnen. Eine
Begleitung durch einen Seelsorger kann einen neuen Horizont
eröffnen, dass mit dem Tod nicht alles aufhört. Der Glaube an
die Auferstehung, das ewige Leben und ein Angenommensein
von Gott können es dem Sterbenden erleichtern, mit der Unver-
meidlichkeit desTodes umzugehen.Diese begründeteHoffnung
zu bezeugen, ist in einer Begleitung manchmal auch eine neue
Auseinandersetzung mit der eigenen Gottesbeziehung – für
den betroffenen Menschen sowie für seinen Begleiter.
Gerade im relativ vorgegebenen Ablauf im
Krankenhaus stellt sich die Frage, wo der Mensch für sich
selbst entscheiden kann. Recht und Medizin geben einen
Rahmen, der persönlich ausgefüllt werden muss. Für den
Gläubigen ist dabei die ethische Sicht ein weiteres Kriterium:
Die Frage nach dem Ziel des Handelns ist dessen Grundlage.
So kann es Hilfe nicht beim Sterben, sondern zum Sterben
geben. Der sterbenskranke Mensch stirbt dann an seiner
schweren Krankheit, nicht an demVerzicht auf lebensverlän-
gernde Maßnahmen. Menschen spüren meist genau, wann
ihr Lebensweg zu Ende geht. Wie sie es dann noch äußern
können oder wollen, ist verschieden. Was kann ein Mensch
dann erwarten – in seiner Versorgung, in seiner Unterstützung,
als Hilfe?
ZUHÖREN, REFLEKTIEREN, SCHWEIGEN
Ein erster Ansatz ist die Selbstbestimmung. Sie ist abhängig
von jedem Einzelnen – zum Beispiel von seinenWerten, seiner
Sinngebung und seiner persönlichen Freiheit. Eine Begleitung
kann bewusst abgelehnt oder erwünscht sein. Je nach dem
sich wandelnden Zustand des Betroffenen ist eine Ument-
scheidung möglich.
Besonders wenn die Möglichkeit von Gesprä-
chen besteht, ist Zuhören die Grundlage für den Austausch.
Eine förderliche Begleitung könnte stattfinden durch zusam-
men überlegen, reflektieren oder gemeinsames Schweigen.
Der Betroffene sollte den Weg vorgeben, der vom Begleiter
sensibel wahr- und aufgenommen werden sollte. Wenn der
Sterbende sich nur noch in Gesten oder bewusstem Lid-
schluss äußern kann, ist der Begleiter besonders mit seinen
Sinnen gefragt.Mit zunehmender Näherung an den Tod wird
die Frage wichtig, was zumWohl des Menschen zu tun oder
zu unterlassen ist.
STÄRKENDE RITUALE
Wenn Zweifel amSinn des Lebens oder die Selbstaufgabe kom-
men, können auch stärkende Rituale ein Hilfsmittel sein: die
Kommunion, das Sakrament der Versöhnung und die Kranken-
salbung. Sie werden auf Wunsch der betreffenden Menschen
oder oft nach Ansprache durch Angehörige gespendet. Diese
Handlungen weisen über das konkrete Geschehen hinaus auf
den personalen Gott, der sich jedemMenschen anbietet.
Riten oder Rituale sind mehr als eine feierliche
Handlung nach bestimmten Regeln. Sie sollen Gemeinschaft
schaffen oder verstärken. So ist eswünschenswert,dass die An-
gehörigen mitfeiern. Diese konkreten, erfahrbaren Stärkungen
sind zuhause, im Krankenhaus oder auch imHospiz möglich.
In der Tradition ist die menschliche Sorge um
Sterbende undVerstorbene eine Liebespflicht der Angehörigen,
die sich auf Gemeinden ausweitete. Solche christliche Sorge
drückte sich auch in der Entwicklung kirchlicher Sterbe- und
Begräbnisliturgien aus. Das sollte zum Gelingen des Über-
gangs vom irdischen zum ewigen Leben beitragen. Sterbende
zu begleiten, gehört zu den sogenannten Werken der Barm-
herzigkeit, die an Aktualität nicht verloren haben.
Heute finden sich mit dem Wandel des Ge-
denkens an Tote und demWandel der Erinnerungsorte auch
neue Formen des Übergangs für Schwerkranke. Eine individu-
ellere Gestaltung von Riten zum Wechsel von Krankenhaus
oder Zuhause an den wohl letzten Aufenthaltsort tritt neben
lange bestehende Formen – wie etwa die bewusste Ab-
schiednahme von vertrauten Personen oder das Bilanzieren
des eigenen Lebens, auch in Form einer Lebensbeichte.
Spüren, wann es für den Betreffenden für was an der Zeit ist,
ist wichtig in der Begleitung. Die Rückgabe des Lebensertrages
in die Hände Gottes kann im Sterben voll Vertrauen auf den
Gott geschehen, der jeden Willigen so annimmt, wie er ist –
oder es fehlt noch etwas, um Frieden mit sich zu finden.
VERWANDLUNG IN EINE NEUE SCHÖPFUNG
Das eigene Leben positiv zu beurteilen oder eine Balance zu
finden, setzt eine Gewissheit oder berechtigte Hoffnung vor-
aus. Der Tod und die Auferstehung Jesu sind der zentrale Grund
dieser Hoffnung auf das Leben über den Tod hinaus. Durch
Gott wird der Mensch, der stirbt, in eine neue Schöpfung ver-
wandelt – Glaube setzt hiermit eine positive Sicht gegen den
Tod als Ende, nach dem nichts mehr kommt.
Begleitung braucht Zeit und Geduld. Wenn es
zu einer Zusammenarbeit kommt, wird damit der Trauer –
vor und nach dem Sterben – ein Weg gebahnt. Gerade die
Begleitung Sterbender ist eine Herausforderung an alle, die
daran beteiligt sind. Sie ist immer wieder neu und individuell
auch eine Anfrage, wo der Begleiter selbst steht – in seiner
Sicht des Lebens, in seiner Sinngebung, in seinen Werten
sowie in seiner religiösen und ethischen Haltung. Er muss
sich seiner Grenzen und seiner Verfasstheit bewusst sein, um
auf andere offen und ehrlich zugehen zu können.
MUT ZUR OHNMACHT
Der christliche Glaube schafft eine Basis, um den anderen
Menschen achten und respektieren zu können – egal in
welchem Zustand er ist. Seine Würde bleibt bis zuletzt – das
sollte inder Begleitung zumAusdruck kommen.Der Einsatz der
eigenen Persönlichkeit als Angebot ist ein Schlüssel für eine
gelingende Beziehung – welche die Voraussetzung für die
Begleitung ist.Dabei ist jeder alsMenschmit seinemChristsein
gefragt: Zeugnisgabe durch Dasein bei sterbenden Menschen,
damit keiner allein bleibt. Mut zum Aushalten von Ohnmacht,
Gelassenheit zum Zuhören oder zum behutsamen gemeinsa-
men Überlegen sind Anteile bei der Begleitung Sterbender.
Letztlich bleibt aber dasWichtigste das Dasein
als Person, die nicht den Tod fürchtet, sondern ein Hoffender
im Glauben an den dreieinen Gott ist. Das Wissen, dass der
Sterbenskranke und der Begleiter Gottes Beistand haben,
wenn sie es wollen, gibt Halt und Hoffnung. So ist der Mut
zum Dasein in der Sterbebegleitung gefordert, damit der
Sterbende sich nicht alleingelassen fühlt. Das Christentum
als Gemeinschaft der Lebenden und Toten wird auf diese
Weise real erlebbar.
Scannen Sie den Beitrag mit
der Layar-App und laden Sie
die Broschüre direkt herunter.
03 – 2015
7
Erzbistum
Köln –
Impuls
TEXT:
BARBARA REIBLE
FOTOS:
ULLSTEIN BILD / GRABOWSKY
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